Bundesweiter Widerstand gegen die Abschiebung afghanischer Flüchtlinge

 

Über  1000 Menschen demonstrierten in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden  gegen Abschiebungen von Flüchtlingen nach Afghanistan.

Die Teilnehmer der Deminstration gegen die Abschiebungen nach Afghanistan zogen vom Hauptbahnhof in die Innenstadt Wiesbadens.

Diese Demonstration in Hessen fand im Rahmen eines  bundesweiten Aktionstages mit Protestveranstaltungen und Demonstrationen in mehreren deutschen Städten statt gegen Pläne von Bund und Ländern, in nächster Zeit mehr Abschiebungen nach Afghanistan durchzuführen.

Demos gab es auch in Bayern: In Nürnberg, Augsburg, Kronach, Bayreuth, Memmingen, Amberg und Eichstätt forderten Demonstranten ein Bleiberecht für die Geflüchteten. In Nürnberg kamen über 800 Demonstranten zusammen, in Augsburg über 400 Menschen.

In  Düsseldorf gingen rund 2000 Menschen auf die Straße, in Hamburg waren es nach Polizeiangaben etwa 1500. Demonstrationen gab es weiterhin auch in Hannover, Erfurt, Magdeburg und Rostock. Auch in Berlin demonstrierten mehrere Hundert Menschen.

Politiker aus Bund und Ländern hatten sich bei einem Flüchtlingsgipfel am Donnerstag, dem 9.2.17,  mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) darauf verständigt, dass es deutlich mehr Abschiebungen geben soll. (Angaben laut dpa)

Das Land sei aber absolut nicht sicher, nach einem Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks habe sich die Lage zuletzt noch einmal verschlechtert, sagte der Flüchtlingsrat NRW, Aufrufer zur Demo in NRW.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) wurde aufgefordert, sich bundesweit für einen Verzicht auf Abschiebungen nach Afghanistan einzusetzen. Im Nordrhein-Westfalen könne er immerhin einen dreimonatigen Abschiebestopp erlassen. Die SPD  muss sich entscheiden, ob sie sich für die Flüchtlinge entscheidet oder sich der AFD und den Rechten anbiedert. Ebenso muss die Partei „Die Linke“ zu klarer Positionierung aufgefordert werden.

 

Weg mit dem Rückführungsabkommen mit Afghanistan

Im vergangenen Oktober hatte die Bundesregierung mit der afghanischen Regierung ein Rückführungsabkommen vereinbart. Zweimal hat Deutschland seitdem Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben – im Dezember 2016 und Januar 2017. Darunter viele, die gut integriert gewesen seien, die jahrelang hier gewohnt haben oder seien schwer krank seien.

So wurde auch ein Mitarbeiter der IG Metall abgeschoben, der in der Flüchtlingsbetreuung eingesetzt war.

Bedroht ist jetzt aktuell auch eine Afghanin, die Bauzeichnerin lernt und kurz vor ihrer Prüfung steht, sie soll samt ihrer Familie abgeschoben waren, Die Eltern sind politische Aktivisten in Afghanistan, zwei Brüder wurden schon von den Taliban umgebracht.

Das hat zu empörten Protesten von MitschülerInnen an der Philipp-Holzmann-Schule in Frankfurt/Main geführt, selbst meist MigrantInnen.

 

Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat: Flüchtlinge werden "enorm unter Druck gesetzt"

Unter den afghanischen Flüchtlingen herrscht ein Klima der Panik, Verzweiflung und Angst – So werden in Bayern afghanische Flüchtlinge seitens der Behörden enorm unter Druck gesetzt. Böhm wies die Äußerung des Bayerischen Innenministers, Joachim Herrmann, zurück, dass einige Gebiete Afghanistans, in die abgeschoben wurde, als sicher gelten.

Das Außenministerium gibt gleichzeitig eine Reisewarnung für Afghanistan heraus.

 

Ganzes Land ist von Kämpfen betroffen

Laut Flüchtlingsrat gab es von Januar bis September 2016 mit 5.835 verletzten und 2.562 getöteten Zivilisten so viele Opfer wie seit 2009 nicht mehr in Afghanistan. Nicht einzelne Regionen, sondern das gesamte Land sei vom Kampf zwischen Regierungstruppen und Taliban betroffen.

Zahl der getöteten Kinder im Afghanistankrieg ist stark gestiegen

Laut einem UN-Bericht wurden durch Luftangriffe, Kämpfe, Minen im Jahr 2016 in Afghanistan mehr als 11.400 Zivilisten getötet. So ist die Zahl der in Afghanistan getöteten und verletzten Kinder ist dramatisch gestiegen. 3512 Kinder sind 2016 dem Krieg zum Opfer gefallen, so die UN in einem am Montag, 6.2.17, veröffentlichten Jahresbericht der UN zu zivilen Opfern. 24 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit ist fast jedes dritte Opfer ein Kind.

Durch die Zunahme von Gefechten in dicht besiedelten Gebieten, wo viele Familien leben, gab es mehr Opfer. Mehr Kinder sind auch durch explosive  Reste  von Kämpfen, wie nicht detonierte Munition, verletzt oder getötet worden (plus 65 Prozent).

Durch internationale und afghanische Luftangriffe sind mehr als 200 Kinder  getötet oder verletzt worden, doppelt so viele  wie im Vorjahr.

Die Gesamtzahl getöteter oder verletzter Zivilisten lag laut UN-Bericht im vergangenen Jahr bei 11.418, die  unbeteiligt getötet oder verletzt wurden – ein Anstieg von drei Prozent gegenüber 2015.

Am meisten betroffen waren 2016 Zivilisten in den südlichen Landesteilen. Den größten Anstieg von Opfern (plus 34 Prozent) verzeichnet Zentralafghanistan, vor allem wegen vieler Selbstmordanschläge in der Hauptstadt Kabul.

Seit Beginn der UN-Zählung 2009 sind mindestens 70.188 Zivilisten getötet oder verletzt worden. Da der Zugang zu entlegenen Gebieten aber immer schwieriger wird, kann man davon ausgehen, dass die Zahlen eher zu niedrig angesetzt sind.

 

An einer Bewegung gegen die Abschiebungen und gegen Repressalien arbeiten

UnterstützerInnen der RCIT in Hessen waren in den letzten Tagen unter anderem an Schulen unterwegs, um neue Unterstützer für die Flüchtlinge zu gewinnen. Es gab in den letzten Wochen  auch Diskussionen mit Flüchtlingen aus Afghanistan, Syrien, Iran, Irak und anderen Ländern, auch über Protest- und Aufklärungsaktionen in den nächsten Wochen, um die Bewegung gegen die Abschiebung und die Hetze gegen Flüchtlinge zu verbreitern und ein Bündnis zu schmieden, das gegen die Abschiebepolitik der regierenden Parteien in Bund und Ländern effektiv vorgehen kann. An den Aktionen am 11.2. haben sehr viele Flüchtlinge teilgenommen, was sehr erfreulich und wegweisend für weitere Aktionen ist.